Mietpreisbremse und Luxusmodernisierungen in Karlsruhe

Die Auswirkungen des MietAnpG auf den Karlsruher Immobilienmarkt

Das Mietrechtsanpassungsgesetz 2018 (MietAnpG) wurde im September 2018 von der Bundesregierung beschlossen, es ist zum 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Geändert wurden einige Mietrechtsvorschriften im BGB und das Wirtschaftsstrafgesetz. Weiter verschärft wurde die Mietpreisbremse zum 01.04.2020 durch das "Gesetz zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn".

In Städten mit angespannten Wohnungsmärkten dürfen bei Neuvermietung maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt werden (§ 556d BGB). Aus Sicht der Landesregierung Baden-Württemberg gehören Karlsruhe und Ettlingen zu den Gebieten, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Seit Juni 2020 gehören Eggenstein-Leopoldshafen, Linkenheim-Hochstetten, Pfinztal, Rheinstetten und Stutensee nicht mehr zu den angespannten Märkten. Die Mietpreisbremse in Karlsruhe ist zum 1. November 2015 in Kraft getreten, sie gilt zunächst bis 30.06.2025.

Die Mietpreisbremse gilt grundsätzlich für alle frei finanzierten Wohnungen mit folgenden Ausnahmen (§ 556f BGB):
  • Für Neubauten, die ab 01.10.2014 erstmals genutzt und vermietet werden.
  • Bei Erstvermietung nach umfassender Modernisierung. Eine Modernisierung ist umfassend, wenn sie einen solchen Umfang aufweist, dass eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheint. Das ist in der Regel gegeben, wenn die Investition etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht.
Für die 10 %-Grenze gelten folgende Ausnahmen (§ 556e BGB):
  • Lag die vom Vormieter bezahlte Miete schon über der zulässigen Miete, darf die neue Miete genau so hoch sein. Unberücksichtigt bleiben Mieterhöhungen, die mit dem Vormieter innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Mietverhältnisses vereinbart worden sind.
  • Hat der Vermieter in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b (energetische Modernisierungen, Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse usw.) durchgeführt, darf die maximal zulässige Miete um den Betrag überschritten werden, der sich bei einer Mieterhöhung nach § 559 ergäbe.

Mietpreisbremse 2.0

Bisher war die Mietpreisbremse ein "zahnloser Tiger" und wurde deshalb kaum beachtet. Nach unseren Beobachtungen wird die Mietpreisbremse in Karlsruhe bei über 50 % der angebotenen Mietwohnungen nicht eingehalten. Die Folgen waren bisher vernachlässigbar: Der Mieter musste den Vermieter mit einer ausführlichen Begründung rügen, lag die Miete tatsächlich über dem zulässigen Wert, musste der Vermieter die zuviel bezahlte Miete nur ab Zugang der Rüge zurückbezahlen. Aber kaum ein Mieter wollte mit einer Rüge sein laufendes Mietverhältnis belasten. Jetzt kann der Mieter die zuviel bezahlte Miete für 2 1/2 Jahre zurückfordern, wenn der Mietvertrag mit der überhöhten Miete ab April 2020 abgeschlossen wurde.

Will ein Vermieter künftig die Grenzen der Mietpreisbremse überschreiten, muss er dem Mieter vor Abschluss des Mietvertrages unaufgefordert über den Grund dafür informieren. Dafür kommen nur die 4 oben genannten Ausnahmen in Frage:
  • im Fall des § 556e Absatz 1 darüber, wie hoch die Vormiete ein Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses war
  • im Fall des § 556e Absatz 2 darüber, dass in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt wurden
  • im Fall des § 556f Satz 1 darüber, dass die Wohnung nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet wurde
  • im Fall des § 556f Satz 2 darüber, dass es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung handelt
Hat der Vermieter die Auskunft nicht erteilt, kann er sich nicht auf eine nach § 556e oder § 556f zulässige Miete berufen. Nach dem ersten Entwurf wurde befürchtet, dass ein Mieter z.B. beim Auszug Jahre später die zuviel bezahlte Miete zurückfordern kann, das wurde im tatsächlichen Gesetz wieder entschärft. Zuviel bezahlte Miete muss wie bisher ab Zugang der Rüge zurückbezahlt werden, der Mieter kann jetzt aber auch ohne ausführliche Begründung rügen.

Luxusmodernisierungen

Modernisierungsmaßnahmen nach § 555b BGB sind bauliche Veränderungen,
  • durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird (energetische Modernisierung)
  • durch die nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart oder das Klima nachhaltig geschützt wird, sofern nicht bereits eine energetische Modernisierung nach Nummer 1 vorliegt
  • durch die der Wasserverbrauch nachhaltig reduziert wird
  • durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird
  • durch die die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden
  • die auf Grund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, und die keine Erhaltungsmaßnahmen nach § 555a sind
  • durch die neuer Wohnraum geschaffen wird
Bisher konnten die Kosten für diese Maßnahmen ohne Begrenzung mit 11 % pro Jahr auf den Mieter umgelegt werden. Reine Erhaltungsaufwendungen können nicht umgelegt werden, bei umfassenden Modernisierungen müssen die Kosten also in Erhaltung und Modernisierung nach 555b aufgeteilt werden. Liegen die Gesamtkosten nicht über 10.000 €, gibt es nach dem neuen § 559c eine Erleichterung. Im vereinfachten Verfahren können 70 % der Gesamtkosten geltend gemacht werden.

Die Umlage wird bundesweit (nicht wie im Entwurf nur in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten) auf 8 % der Kosten pro Jahr begrenzt (§ 559 BGB), außerdem dürfen die Mieterhöhungen innerhalb von 6 Jahren 3 € pro m² pro Monat nicht übersteigen. Sofern die Miete unterhalb von 7 €/m² liegt, darf die Miete sogar nur um 2 €/m² innerhalb von 6 Jahren steigen. (neu § 559 Absatz 3a).

Ein Rechenbeispiel: Der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses will sein Haus umfassend modernisieren (Dach, Fassade, Fenster, Treppenhaus, Balkone, Heizung, Leitungen usw.), die Kosten dafür kalkuliert er mit 700 € pro m² Wohnfläche. Auf die Modernisierung nach § 555b entfallen z.B. 70 %, umlegbar sind also Kosten von 490 € pro m² pro Jahr. Nach der alten Regelung würde das zu einer Mieterhöhung von 11 % im Jahr / 12 Monate = 4,49 € pro m² pro Monat führen. Nach der neuen Regelung könnten nur 8 % / 12 = 3,27 € pro m² pro Monat umgelegt werden, dieser Betrag wird aber nach § 559 auf 3,00 € pro m² gedeckelt. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass sich viele Haushalte ihre Wohnung nach einer umfassenden Modernisierung nicht mehr leisten können. Andererseits werden durch die Neuregelung viele Investoren von umfassenden Modernisierungen eher abgehalten.

Zum Schutz der Mieter vor dem "Herausmodernisieren" und zur Eindämmung der Gentrifizierung von Quartieren wurde im Wirtschaftsstrafgesetz ein neuer Ordnungswidrigkeitentatbestand eingeführt. Mit einer Geldbuße bis zu 100.000 € kann bestraft werden, wer seinen Mieter durch die Ankündigung einer überdimensionierten Modernisierung zur Kündigung oder Mietvertragsaufhebung veranlasst. Im BGB wurden neue gesetzliche Vermutungstatbestände eingeführt (z.B. Beginn der Bauarbeiten nicht innerhalb 12 Monaten nach Ankündigung), die als Pflichtverletzung des Vermieters angesehen werden können. Bei Pflichtverletzungen ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Schaden zu ersetzen.

Ausblick

Kaum wurde das Mietrechtsanpassungsgesetz von der Koalition beschlossen, diskutieren SPD und Grüne öffentlich über weitere drastische Eingriffe in den Immobilienmarkt.
  • Nach der Mietpreisbremse soll der Mietpreis-Stop kommen, Mieten sollen künftig nur noch um die Inflationsrate erhöht werden können. Nach meiner Einschätzung würde das zur größten Mieterhöhungswelle aller Zeiten führen. Viele Vermieter haben über Jahre - aus Bequemlichkeit oder wegen des guten Mietverhältnisses - die Mieten überhaupt nicht erhöht. Bei einem bevorstehenden Mietpreis-Stop wird jeder halbwegs ökonomisch denkende Vermieter die bestehenden Möglichkeiten ausschöpfen und die Mieten um 20 bzw. 15 % erhöhen.
  • Keine gute Idee ist auch der Vorschlag, den Zeitraum der ausgewerteten Mieten im Mietspiegel von 6 auf 10 Jahre zu erhöhen. Die Mieten im Mietspiegel würden auf breiter Front deutlich sinken, weil dann auch die günstigen Bestandsmieten (der mieterfreundlichen Vermieter) berücksichtigt würden. Immobilien-Investoren werden bei staatlich verordneten Mini-Renditen sicherlich nicht mehr in den deutschen Immobilienmarkt investieren, damit lässt sich kein dringend benötigter neuer Wohnraum schaffen.

Unabhängig von Mietpreisbremse und Mietrechtsanpassungsgesetz sind folgende Vorschriften zu beachten:

  • Bei bestehenden Mietverträgen kann die Miete bis zur ortüblichen Vergleichsmiete angehoben werden, die Erhöhungen dürfen in Karlsruhe jedoch maximal 15 % innerhalb von 3 Jahren betragen, siehe Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen
  • Auch wenn ein Mieterhöhungsverlangen mit drei Vergleichsmieten (§ 558a BGB) begründet wird, muss auf den Mietspiegel hingewiesen werden, da wir in Karlsruhe einen so genannten "Qualifizierten Mietspiegel" haben.
  • Bei Umwandlung eines Mehrfamilienhauses in Eigentumswohnungen wurde die allgemeine Kündigungssperrfrist in Karlsruhe von drei auf fünf Jahre verlängert.
  • Mietpreisüberhöhungen nach § 5 WiStG (Miete mindestens 20 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete, Ordnungswidrigkeit bis 50.000 € Geldbuße)
  • Mietwucher nach § 291 StGB (Miete 50 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete, Freiheitsstrafe oder Geldstrafe)


Details zur Mietpreisbremse und zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete finden Sie hier.
Für die Weststadt können Sie auf unserer Website mit wenigen Eingaben die ortsübliche Vergleichsmiete berechnen.